Bericht zur Fachausschusssitzung des Fachbereichs II Ehe-Familie-Partnerschaft am 02.03.2024 zum Thema „Sucht“.
Am 02.03.2024 traf sich der Fachbereich Ehe-Familie-Partnerschaft zur ersten Sitzung im Jahr 2024 im Maternushaus in Köln. Als Haupthema bei dieser Sitzung war das Thema „Sucht“ vorgesehen. Dazu lud der Fachbereich Herrn OTL Wehrenberg ein, der Ansprechpartner der Suchtselbsthilfe Bundeswehr e.V für den Bereich West, bestellter Suchtkrankenhelfer im Luftfahrtamt der Bundeswehr und ausgebildeter Suchtkrankenhelfer ist.
Die Suchtselbsthilfe Bundeswehr e.V. (SSHBw e.V.) ist aus einem Kreis von freiwilligen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aus dem Geschäftsbereich der Bundeswehr entstanden, die überwiegend aus eigener Betroffenheit handeln.
Allen Betroffenen und deren Angehörigen soll durch ein niedrigschwelliges Angebot der Hilfe zur Selbsthilfe, ein Weg auf der kameradschaftlichen Ebene, angeboten werden. Gemeinsam mit den anderen Netzwerkteilnehmern wird innerhalb und außerhalb der Bundeswehr in Form von Unterrichten und Informationsgesprächen in der Gesundheitsförderung mitgearbeitet. Durch eigenes Beispiel soll gezeigt werden, dass ein zufriedenes, glückliches und erfolgreiches Leben ohne Abhängigkeitsverhalten möglich und erstrebenswert ist. Die SSHBw e.V. bietet eine emotionale Heimat an.
Die Auswertung der Homepage KRISENKOMPASS hat in den vergangenen Monaten ergeben, dass das Thema Sucht und die abgelegten Vortragsfolien und der Bericht eines Suchtkranken vielfach aufgerufen wurde. Dies nahmen wir zum Anlass, Kontakt zur Suchtselbsthilfe Bundeswehr e.V. herzustellen, um neue Erfahrungen aus dem Bereich Prävention und Intervention aus erster Hand zu erhalten.
Nach einer allgemeinen Vorstellung des Vereins Suchtselbsthilfe Bundeswehr e.V. informierte OTL Wehrenberg über eigene Erfahrungen mit dem Thema Sucht und wie er dazu kam, die Ausbildung zum Suchtkrankenhelfer zu machen.
Wichtig ist es OTL Wehrenberg von Anfang an darauf hinzuweisen, dass Sucht eine Krankheit ist und keine charakterliche Schwäche darstellt. Der Betroffene kann „nicht einfach“ aufhören, bzw. seinen Konsum reduzieren! Dies ist in der Gesellschaft leider noch lange nicht angekommen. Die Krankheit ist für die Betroffenen und deren Angehörige leider immer noch extrem schambehaftet und wird daher oft verharmlost. So muss es das Ziel sein, für dieses Thema weiter zu sensibilisieren und darauf aufmerksam zu machen.
Leider gibt es bisher in der Bundeswehr nur einen einzigen Lehrgang zum Thema Suchprävention am Zentrum Innere Führung in Koblenz. In den Laufbahntrainings zukünftiger Vorgesetzter, z.B. Zugführer-, Chef und Kdr-Lehrgang findet das Thema Sucht noch nicht die notwendige Aufmerksamkeit und thematische Berücksichtigung, sodass Dienststellenleiter und Vorgesetzte in diesem Bereich sehr unsicher handeln. Die Ausbildung zum Suchtkrankenhelfer findet nicht über die
Sanitätsversorgung der Bw bzw. über das Bundeswehrzentralkrankenhaus stat, sondern über externe Träger wie z.B. die Diakonie oder Caritas – die Kosten hierfür werden allerdings von der Bundeswehr übernommen. Es ist allerdings mitelfristig geplant einen Suchtkrankenhelferlehrgang am Zentrum Innere Führung zu etablieren, um so die bundeswehrinterne Ausbildung sicherstellen zu können.
Das Thema Sucht ist in der Bundeswehr allgegenwärtig. Es stellt sich die Frage: Wann bin ich süchtig? Diese Frage kann allerdings nicht so einfach beantwortet werden. Dies kann sich beim Suchtmitel
Alkohol zum Beispiel bewegen von zwei Gläsern Sekt bis hin zu mehreren „Halbe Bier“. Darüber hinaus spielen neben dem quantitativen Konsum viele andere Einflussfaktoren, insbesondere aus dem Bereich der persönlichen und sozialen Situation des Betroffenen heraus, eine wichtige Rolle. All diese Faktoren müssen zur Beantwortung der Frage von qualifiziertem Fachpersonal berücksichtigt und bewertet werden. Neben der Alkoholsucht finden sich zahlreiche Suchterkrankte in den Streitkräften, abhängig von stoffgebundenen aber auch stoffungebundenen Suchtmiteln. Wahrlich ein Spiegelbild der Gesellschaft.
Suchtarten:
Um eine Behandlung zu erhalten, muss gemäß der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD) eine Einstufung erfolgt sein. Verantwortlich für die Finanzierung ist grundsätzlich die Rentenversicherung. Bei Soldaten werden die Kosten von der Heilfürsorge getragen. Gemäß der ICD müssen für eine Abhängigkeitsdiagnose mindestens drei der folgenden Kriterien in den letzten 12 Monaten vorhanden sein:
Das Outen der Suchtproblematik kommt in der Regel vom Soldaten selbst (90%) oder vom Vorgesetzten (10 %). Der Süchtige wendet sich in der Regel jedoch nicht an seinen Chef oder Spieß, da hier aufgrund der Karriereaussichten / Beurteilungszuständigkeit eine Benachteiligung erwartet wird.
Es gibt sowohl bei der Bundeswehr als auch im zivilen Bereich, eine Vielfalt von Beratungs- und Hilfestellen für Betroffene. In der Bundeswehr gibt es dafür das Psychosoziale (PSN)-Netzwerk, welches vom Bundeswehrangehörigen zwang frei aufgesucht werden kann, ohne Nachteile zu erfahren. Diesem PSN gehören an:
Weiterhin kann man sich an das Netzwerk der Hilfe wenden: https://www.bundeswehr-netz.de/
Das Zentrum Innere Führung hat 2019 eine Handreichung für Dienststellenleitungen und Vorgesetzte herausgegeben, welche bisher vielen in der Bundeswehr wohl noch unbekannt ist.
Weiterführende Informationen / Vorschriften:
Flyer: Suchtselbsthilfe Bw
Kurzintervention bei Patientinnen und Patienten mit problematischem Alkoholkonsum Alkohol: Mythen und Meinungen
Glücksspiele sind riskant
Um der Problematik herzu werden, wäre es sinnvoll in den Dienststellen Beauftragte als Ansprechpersonen zur Suchtprävention zu bestellen und zu Suchtkrankenhelfern ausbilden zu lassen. Im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) ist das Thema Suchtprävention zwar enthalten, aber was wird davon in den Dienststellen wirklich umgesetzt??
Viele Menschen fühlen sich überfordert, wenn sie mit Betroffenen (Abhängigkeitserkrankte oder Angehörige) konfrontiert werden. Dies gilt auch für Soldaten die mit betroffenen zivilen Angestellten, Kameraden, Vorgesetzten und Untergebenen in Kontakt kommen. Dieses Gefühl ist normal. Die Herausforderung ist es, diese Überforderung zu überwinden um dem Betroffenen Hilfe anbieten zu können. Hierzu stehen Soldaten und zivilen Angestellten zahlreiche Ansprechpartner mit fachlichem Rat und praktischen Handreichungen und Unterstützungsleistungen zur Verfügung.
Bei Bedarf kann man sich an folgende Ansprechpartner in der Bundeswehr wenden:
Vorsitzender: Dirk Bandholz 0162 2749685
Informationen finden Sie unter:
www.suchtselbsthilfe-Bundeswehr.de
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (www.dhs.de)
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (htps://www.bzga.de)
Wir danken Herrn OTL Wehrenberg recht herzlich für seinen sehr informativen Vortrag und für die Bereitstellung von reichlich Informationsmaterial.
Katholikenrat beim Katholischen Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr
Am Weidendamm 2
10117 Berlin