„Sucht ist kein Randproblem in der Gesellschaft“, schreibt das Bundesministerium für Gesundheit auf seiner Webseite, „sondern betrifft viele Menschen in Deutschland. Mit dem Begriff Sucht sind nicht nur die Abhängigkeitserkrankungen gemeint, sondern die Gesamtheit von riskanten, missbräuchlichen und abhängigen Verhaltensweisen in Bezug auf Suchtmittel (legale wie illegale) und nichtstoffgebundene Verhaltensweisen (wie Glücksspiel und pathologischer Internetgebrauch).
Sucht ist häufig mit dramatischen persönlichen Schicksalen verbunden. Sie betrifft ebenso beteiligte Familienangehörige, Freundinnen und Freunde oder Kolleginnen und Kollegen. Abhängigkeitserkrankungen sind schwere chronische Krankheiten, die zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und vorzeitiger Sterblichkeit führen können.“Wir erweitern diese Aussagen konkret dahingehend, dass Soldatenfamilien, Soldatinnen und Soldaten auch Betroffene sein können.
Sucht hat viele Gesichter, abhängig kann man von fast allem werden. Man unterscheidet tatsächlich jedoch nur die oben genannten zwei Arten von Abhängigkeit, nämlich die Abhängigkeit von Stoffen wie Alkohol, Genuss- oder Rauschmittel, Medikamenten, Nikotin und die nichtstofflichen Abhängigkeiten wie Spielsucht, Computersucht, Kaufsucht, usw.
Jeder von uns kennt wohl dieses übersteigerte Verlangen nach etwas und sei’s der Heißhunger auf was Süßes.
Sie kennen allerdings auch die Eifersucht und wohl auch den Spruch, dass diese „mit Eifer sucht, was Leiden schafft“.
Sie merken, das Wort „Sucht“ ist vielschichtig – und ja, es schafft im wörtlichen Sinn Leiden.
Im Begriff „Sucht“ spüren wir die Verwandtschaft zum „Suchen“, wenigsten umgangssprachlich empfinden wir dies so. „Sucht“ hat seine sprachlichen Wurzeln jedoch in dem Wort „siechen“ = krank.
Erinnern Sie sich noch an die altdeutschen Bezeichnungen „Schwindsucht“ und „Wassersucht“? Tuberkulose und Ödeme verbergen sich hinter diesen vermeintlichen Süchten, die erkrankten Menschen jedoch siechten an diesen Erkrankungen dahin und starben im Siechenbett. Heute kennen wir die Begriffe „siechen“, „dahinsiechen“ und „Siechenbett“ nur noch aus alten Erzählungen, ihnen gemeinsam ist jedoch ein gar jämmerlicher Krankheitszustand. Und den kennzeichnet auch jede Art von Sucht.
Gesellschaftlich anerkannt?
Zum Ausgangspunkt zurückgehend stellen wir fest, dass es in unserer Gesellschaft zahlreiche Suchterkrankungen gibt. Nicht immer werden diese jedoch als Erkrankung erkannt; teilweise werden sie sogar gesellschaftlich anerkannt, wenn wir an die Nikotinsucht denken. Und häufig wird die Alkoholsucht duch Feste und Feiern noch wohlwollend unterstützt.
Ableugnung der Betroffenen
Eine Suchterkrankung betrifft aber nicht nur den von der Abhängigkeit Betroffenen, sondern hat großen Einfluss auf seine Umgebung, meist weitet sich dies auf die Familie und das berufliche Umfeld aus. Dass eine Abhängigkeit vorliegt wird primär von den Betroffenen abgeleugnet. Es ist ein sehr, sehr weiter und sehr, sehr schmerzhafter Weg für alle Beteiligten, bis der Suchtkranke selbst zur Einsicht gelangt, dass eine Abhängigkeit vorliegt, er krank ist und Hilfe braucht: Ärztliche Hilfe, Psychologische Hilfe, Entzug, Therapie …
Beratungs- und Hilfestellen
Es gibt sowohl bei der Bundeswehr, als auch im zivilen Bereich, eine Vielfalt von Beratungs- und Hilfestellen für Betroffene.
Dies gilt auch für die Angehörigen eines Suchtkranken, die in einer sogenannten Co-Abhängigkeit mit ihm/ihr leben. Als Angehöriger der Bundeswehr können Sie sich an folgende Stellen wenden:
Die genannten Stellen verweisen und vermitteln sehr häufig an zivile Beratungsstellen, wie z.B. die „Caritas Suchthilfe“, die in vielen Städten über professionelle Hilfen für Betroffene und auch deren Angehörige in Einzel- und Gruppengesprächen verfügen.
Wenn Sie vermuten, dass Sie oder jemand der Ihnen nahe steht, dass der- oder diejenige krank im Sinne von „Abhängig“ ist, dann wagen Sie den ersten Schritt, der in die richtige Richtung führt, nämlich raus aus der Abhängigkeit!
Herr Dr. Merker, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in der Fachklinik Meckenheim, führte im Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr eine Weiterbildung zum Thema „Sucht“ durch.
Der Fachbereich II „Ehe - Familie - Partnerschaft“ bedankt sich herzlich für die zur Verfügung gestellten Folien. Die von ihm bereitgestellten Folien enthalten Informationen zum Thema Sucht bzw. Abhängigkeitserkrankungen am Beispiel der Alkoholabhängigkeit.
Bei Abhängigkeit von Drogen gibt es Unterschiede bezüglich der Wirkung sowie der Folgen – Ursachen der Entstehung sowie die Behandlungsmöglichkeiten sind sehr ähnlich.
Soldaten ist die Finanzierung von Entzugsbehandlung und Entwöhnungsbehandlung über den Sanitätsdienst der Bundeswehr abzuklären.
Sucht ist eine krankhafte, zwanghafte Abhängigkeit von Stoffen wie zum Beispiel von Alkohol oder Cannabis. Aber auch von speziellen Verhaltensweisen wie zum Beispiel Mager-, Spiel-, Kauf- oder Computersucht, als stoffungebundene Abhängigkeit. Man unterscheidet bei der Sucht zwischen seelischer (psychischer) und körperlicher (physischer) Abhängigkeit.
Dabei gibt es viele einzelne Schritte und gefährliche Übergänge: Wann hört der normale Gebrauch eines Mittels auf? Wo fängt der Missbrauch an? Ab wann wird ein Mittel gewohnheitsmäßig konsumiert? Wo beginnt die Abhängigkeit, die Sucht?
Mein Leben verlief bis zu einem Freitagabend im Mai vor 10 Jahren1 völlig unspektakulär.
Verheiratet, ein guter Job in der Bank, ein Eigenheim mit Garten im Umland von Frankfurt. Eigentlich alles in Ordnung, eigentlich.
Bis es dann in meiner Ehe zu kriseln begann.Inzwischen bin ich schon lange geschieden und weil ich nicht mehr im selben Ort wie mein Exmann leben wollte, zog ich in die Großstadt – nach Frankfurt. Dort habe ich wieder einen Job bei einer großen Versicherung gefunden.
Mein damaliger Nachhauseweg führe mich an einer Spielautomatenhalle vorbei.
Dergleichen hätte mich früher nie interessiert, aber da hatte ich auch noch einen Partner und Freunde -soziale Kontakte-, die fehlten mir seit meinem Umzug total. Also fuhr ich diesmal nicht daran vorbei, ich ging hinein.
Man sagt, wer beim ersten Mal gewinnt, hat Pech.Ich hatte Pech, 500 Euro ratterten unten aus dem Kasten und so blieb es nicht bei einem Mal. Ich spürte ein Nervenkitzel, ein gutes Gefühl – fast wie Verliebtsein.Es kam, wie es kommen musste: Irgendwann schaffte ich es nicht mehr, daran vorbeizufahren, es zog mich magisch in die Spielhalle, ich war „infiziert“ und ging immer wieder hin. Natürlich gewann ich nicht immer, sogar kaum noch, meistens war das Geld verloren, das ich oben in den Automaten steckte. Aber diesen Verlust galt es ja schließlich wieder wettzumachen, so dachte ich.
Aber das hat natürlich nicht funktioniert.
Ich wurde süchtig, süchtig nach den Spielautomaten, dem Gefühl, dem Kribbel.
Meine Nächte verbrachte ich in der Spielhölle, tagsüber bin ich fast am Schreibtisch eingeschlafen. Nach mehreren Gesprächen mit meinem Vorgesetzten und ein paar Abmahnung erhielt ich meine Kündigung, aber so hatte ich wenigstens mehr Zeit für die „wichtigen“ Dinge im Leben – dem Spielen. Noch war Geld kein Problem, hatte mich mein Exmann doch für unser gemeinsames Haus abgefunden.
Wie ging es weiter? Ich wurde körperlich krank, psychisch war ich es ja bereits.
Schlafmangel, ungesunde Ernährung, kein soziales Umfeld forderten irgendwann ihren Tribut. Ich war völlig abgemagert, meine Hände haben gezittert, ich konnte nicht mehr schlafen. Schließlich hab ich mich meinem Hausarzt anvertraut. Er riet mir dringend zum Entzug.
Was nun folgte, war die Hölle.
Entzug in der Gruppe – mit Entzugserscheinungen, wie man sie auch von anderen Suchtmitteln kennt. Aber die Gespräche mit anderen Betroffenen taten mir gut, endlich hatte ich wieder Bekannte.
War ich auf dem richtigen Weg? Habe ich es geschafft? Nein!
Ich wurde natürlich rückfällig, schlimmer als vorher. Da mein Geld inzwischen aufgebraucht war, machte ich Schulden in der Spielhalle, verkaufte mein Auto und pumpte meine Mutter um Geld an. Wachgerüttelt aus diesem Teufelskreis wurde ich erst, als meine Mutter starb.
Ich war so weit unten, weiter ging es nicht.
Aber vermutlich muss das so sein, um eine Veränderung zu wollen, um es wirklich zu schaffen. Ich ging für 3 Monate in eine spezielle Klinik. Danach begann ich Schritt für Schritt mein Leben neu zu ordnen. Eine kleine Wohnung, ein paar Bekanntschaften in der Nachbarschaft und ein Ausbildungsprogramm vom Arbeitsamt.
Das ist nun zwei Jahre her, zwei „trockene“ Jahre. Wie bei einem Alkoholiker die Schnapspraline reicht, ist es bei mir die Automatenmusik im Kopf.
Gut die Hälfte aller Spieler zieht es zurück in die Automatenhölle.
Aber ich will stark sein, diesmal hab ich mir vorgenommen: „Ich muss es schaffen!“ Mir ist bewusst, dass das Spiel nur eine Flucht vor der Realität ist und dieser will ich mich stellen.“
Mein Weg von der Normalität hin zur Spielsucht
Name Geändert2Katholikenrat beim Katholischen Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr
Am Weidendamm 2
10117 Berlin