Die 56. Woche der Begegnung fand statt vom 11.-16.09.2016 in Bensberg. Der Leitgedanke war in diesem Jahr “Für den Menschen bestellt” (lateinisch: “Pro huminibus constitutes”). Dies ist der bischöfliche Wappenspruch des damaligen Kölner Erzbischofs, Joseph Kardinal Frings. Kardinal Frings beeinflusste maßgeblich die Beratungen des 2. Vatikanischen Konzils und setzte sich für Reformen in der Kirche ein. Als Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz war er für die heutige institutionalisierte Einführung einer Seelsorge für die Soldaten und ihrer Familien in der Bundeswehr an herausragender Stelle verantwortlich. Im Jahre 1956 und damit vor 60 Jahren feierte er den ersten katholischen Standortgottesdienst in der Basilika St. Gereon zu Köln. Am 06.10.2016 dieses Jahres wird es dazu einen Pontifikalgottesdienst mit dem Kath. Militärbischof Dr. Franz-Joseph Overbeck in St. Gereon geben.
Schwerpunktthemen der Woche der Begegnung waren die Befassung mit den Herausforderungen des ehrenamtlichen Engagements als Christen in der heutigen Zeit und den drängenden Fragen von Migration und Integration von Flüchtlingen.
Wie jedes Jahr war es dem Militärgeneralvikar Msgr. Reinhold Bartmann vorbehalten, zu Beginn seinen Bericht zur Lage der Katholischen Militärseelsorge vorzustellen. Dabei ermutigte er die katholischen Soldatinnen und Soldaten in der Militärseelsorge zum Ehrenamt.
Viele Soldatinnen und Soldaten engagierten sich gerne ehrenamtlich in der Katholischen Militärseelsorge, neben ihren vielfältigen beruflichen und familiären Verpflichtungen.
„Wir spüren, dass Menschen, Getaufte und Ungetaufte sich durchaus begeistern und finden lassen, aber sich nicht in Strukturen – Verfasstheiten (Verbände, Vereine, Gremien, mit Hierarchie nach oben) einbinden wollen. Diese Erfahrungen sind parallel auch in den Diözesen feststellbar. Msgr. Bartmann ermutigte die Delegierten weiter nach vorne zu denken, um „Kirche unter Soldaten“ lebendig zu erhalten. Im gemeinsamen Ringen müsse man eventuell über eine Verschlankung der Strukturen nachdenken, so Bartmann.
Der Generalvikar ist der Überzeugung, dass der Ort der Nagelprobe dort zu bestehen ist, wo die Menschen, die Soldatinnen und Soldaten und deren Familien zu finden sind und leben, nämlich an den Standorten.
„Denn für sie sind wir bestellt und zu diesen sind wir gesandt“, betonte der Militärgeneralvikar vor den Vertretern aus den Leitungsgremien des organisierten Laienapostolates.
Anschließend trug die CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Claudia Frau Lücking-Michel (Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)) zu den neuesten Ergebnissen des Deutscher Freiwilligensurvey (FWS) vor. Dabei verwies sie in ihrem Vortrag darauf, dass sich in Deutschland gem. einer Studie 31 Mio. ehrenamtlich engagieren. So erklärten viele der Befragten, dass es ihnen Spaß machen würde, Menschen zu helfen und die Gesellschaft verändern wollen, Einfluss gewinnen aber auch sich dabei qualifizieren wollen.
Heute stimmt die Aussage immer mehr: “Kirche lebt vom Ehrenamt!!”
Gemäß der durchgeführten Sinus-Milieu-Studie sind Katholiken nur in drei Milieus (von insgesamt 10) vertreten. Kirche muss jedoch milieu-übergreifend wirken. Aus diesem Grund ist eine spirituelle Rundum-erneuerung notwendig. Dazu gehört sicherlich auch, die Frauenfrage zu lösen und eine weitere Zusammenlegung von Gemeinden zu vermeiden, da dadurch auch das bis dahin vorhandene Ehrenamt zerschlagen wird. Darüberhinaus muss gelten “Partizipation statt Partizipationsvermeidung”. Eine Beratungsresistenz des Pfarrers in dem Sinne “er macht doch was er will” ist hier bestimmt nicht zielführend.
Frau de Maizière, Schirmherrin der Familienbetreuungsorganisation (FBO) stellte in ihrem Vortrag die Aufgaben der Familienbetreuungszentren (FBZ) und -stellen (FBSt) vor. Den Rahmen dazu stellen in Deutschland derzeit 31 FBZ, 50 FBSt, 160 Hauptamtliche, 70 Nebenamtliche und 219 Ehrenamtliche (Stand August 2016) dar. Ziel ist es den Soldat, die Soldatin und deren Familie rund um den Einsatz zu betreuen. Der Soldat / die Soldatin, ist eben nur eingeschränkt einsatzbereit, wenn er / sie Sorgen zu Hause hat. Die Familie ist dabei der Anker der Stabilität.
Zum Thema “Für die Menschen bestellt” schloss sich eine Gesprächsrunde mit den Moderatoren der Dekanatsarbeitskonferenzen an. Dies war ein neues Experiment und sie wurde geleitet durch Herrn OTL Dr. Lippert.
Die Durchführung von Maßnahmen ist immer personenabhängig. Sicherlich, und das verwunderte keinen, gibt es mehr Veranstaltungen in Bezug auf Familienwochenenden, -werkwochen, Wallfahrten, … im Westen und Süden als im Norden und im Osten Deutschlands. Die Problematik der immer größer werdenden Entfernungen, die die Geistlichen zurücklegen müssen, war ebenfalls ein Thema. So kam die Frage auf ob sich Gottesdienste mit den zivilen Gemeinden kombinieren lassen aber auch zum Stand der erstellten Pastoralkonzepte, die laufend aktualisiert und angepasst werden müssen. Welchen Weg für das Ehrenamt zum Glauben kann es eigentlich geben? Pilgern mit Bewegen, Besinnen, Jakobsweg, GeoCaching, …
Den Vortragstag beschloss der Vorsitzende des Katholikenrates Herr OTL Aßmuth mit der Vorstellung der einzelnen Sachausschüsse des Katholikenrates mit deren aktuellen Mitgliedern und Tätigkeiten. Herauszuheben ist hier sicherlich die Fertigstellung des neuen PGR-Handbuchs, die Sachstandsdarstellung zur Bearbeitung des neuen Soldatengesangbuches und die Darstellung der verschiedenen Teilnahmen des SA VI Ehe-Familie-Partnerschaft an mehreren Veranstaltungen (Katholikentag in Leipzig, Vollversammlung Netzwerk der Hilfe mit Teilnahme am Forum “Gemeinsam für die Menschen in unserer Bundeswehr” im BMVg und 2. Bundeswehrfamilientag in Haßloch).
Der Dienstag begann mit einem sehr emotionalen Vortrag durch Herrn Militärdekan Dr. Dr. Gmelch, der zum Thema Flüchtlingsrettung im Mittelmeer vortrug. Aufgrund seiner Teilnahme als Seelsorger bei der Marine bei der Seenotrettung konnte er ein klares – und natürlich sehr persönliches – Bild aufzeigen, was er vor Ort wirklich erlebt hatte. Dabei konnte sich im Plenum keiner ausmalen wie die Situation vor Ort wirklich aussah. Auch wenn die Medien Bilder von gestrandeten toten Flüchtlingen (Wasserleichen) zeigen und auch darauf hinweisen, dass mittlerweile über 20.000 Flüchtlinge auf dem Grund des Mittelmeeres liegen, so ist das doch weit genug entfernt und es berührt uns immer noch viel zu wenig. Im Gegenteil: es werden Ängste geschürt vor allem dort, wo nur sehr wenige Flüchtlinge sind.
Gemäß Dr. Gmelch muss der Fokus auf Empathie liegen, also die Welt aus dem Auge des anderen sehen lernen und vor allem auch der Ausbau der interreligiösen und interkulturellen Kompetenz. In seinem Buch “Refugees welcome – Eine Herausforderung für Christen” (ist übrigens sehr lesenswert!) zeigt er auf, wie Christen als Akteure gegen Fremden-feindlichkeit wirken und der Flüchtlingsfrage ein menschliches Gesicht geben können – geleitet vom Wort Jesu “Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen”. Und er macht deutlich: Dies ist die Chance und Auftrag zugleich, um aus der lähmenden Binnenzentriertheit herauszutreten. Kirche hat in einer pluralen Gesellschaft dann Vorbildcharakter, wenn sie soziale Grenzen bewusst überschreitet, Hilfe selbstlos gestaltet und nicht nur eigene Traditionen verwaltet: identitätsstark im Blick auf das Eigene und wertschätzend im Blick auf das Fremde.
Nach diesem interessanten Vortrag folgte eine Gesprächsrunde geleitet von Frau Dr. Bock (zebis Hamburg). Teilnehmer dieser Runde waren Herr Kalbarczyk (Referent Deutsche Bischofskonferenz), Herr Schedler (Länderreferent Renovabis), Herr Oberst i.G. Hettfleisch (FüSK II.2) und Herr MilDek Dr. Dr. Gmelch.
Gem. UNHCR gab es im vergangenen Jahr 65,3 Mio Flüchtlinge, davon 50 % Kinder. Diskutiert wurden mehrere aktuelle Themen. Diese bewegten sich von der Aussage: für die Intergration von Flüchtlingen muss es Grundregeln geben, die einzuhalten sind”, über die Aussage, dass es auch heute noch ungebrochene Hilfe und Unterstützung gibt bis hin zur abstrakten Angst von denjenigen Leuten, die bisher noch keinen Kontakt zu Flüchtlingen hatten. Betont wurde vor allem, dass man nicht von der Rettung von Flüchtlingen spricht, sondern von in Seenot geratenen Menschen. Hier lässt sich auch der Auftrag der Bundeswehr besser anleiten. Wichtig wird es für die nächsten Monate für die europäischen
Länder sein, eine gemeinsame Sprache zu finden. Hier kann evtl. auch die internationale Bischofskonferenz etwas bewirken. Es stellt sich hier die Frage, welchen Auftrag die kath. Kirche hat.
Nach diesen aufregenden Gesprächen folgte der Bericht zur Nachbarschaftshilfe von OStFw Weber. Die Aktion Nachbarschaftshilfe steht als sozial-karikative Maßnahme katholischer Soldaten und Soldatinnen unter dem Leitgedanken “Gute Bildung als Grundlage und Investition in eine erfolgreiche Zukunft junger Menschen im Kosovo”. Die Durchführung der Nachbarschaftshilfe erfolgt in Absprache und unter Zuhilfenahme der Solidaraktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa “RENOVABIS”. Bei diesem Projekt handelt es sich um den Aufbau einer Mittelschule in Gjilan (Kosovo), in welcher mittlerweile 250 Schüler den Unterricht besuchen. Der Beschlußvorschlag wurde ohne Gegenstimmen angenommen für die Unterstützung für ein weiteres Jahr.
Herr Generalmajor Rieks (Vertreter im ZdK) trug nachfolgend zu aktuellen Themen aus dem ZdK vor. Bedeutend sind derzeit Themen aus der Politik und zur Flüchtlingsproblematik (Willkommenskultur, …), aber auch der Religionsdialog zwischen Christen, Juden und Moslems. Weiterhin befasst sich das Zdk mit den Themen Ökologie (Klimawandel), Ökumene, Frauen in der Kirche und Kirche selbst (Zöllebat, Diözösen).
Nachdem Oberst Attermeyer (Bundesvorsitzender GKS) seinen Bericht zur GKS vortrug, stellte StFw Herschler den Entwurf des neuen PGR-Handbuchs vor. Nach Einarbeitung letzter Änderungen soll das Handbuch gedruckt werden und danach den Pfarrämtern zur Verfügung stehen (auch digital).
Schließlich stellte Herr Krotz die Katholische Familienstiftung für Soldaten und die Aktion Schutzengel für Bundeswehrfamilien vor. Wichtig ist es ihm dabei, die Aktion in der Truppe bekannter zu Machen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass auch in dieser Woche der Begegnung interessante Menschen vortrugen und wichtige Impulse mit auf den Weg gaben.
Der Dienstag endete mit einem Bischofsgottesdienst, geleitet vom Kath. Militärbischof Dr. Franz-Joseph Overbeck und anschließendem festlichen Abendessen. Am Mittwochmorgen erfolgte dann zum Abschluss der Vollversammlung der Vortrag des Katholischen Militärbischofs, indem er zum Wort des Bischofs (01.09.2016) vortrug. Alle im Plenum waren gespannt darauf. Er stellte seinen Vortrag unter die Frage: “Was heißt Seelsorge in der Katholischen Militärseelsorge?”
Er betonte, dass wir uns am Ende einer privilegierten Zeit befinden. So soll an den Privilegien nicht festgehalten werden, Glaubensinhalte im Dienst übermittelt werden und es braucht Events, bei denen Religion vorkommt. Wichtig ist deutlich darzustellen, dass die Bundeswehr etwas davon hat, dass wir Seelsorge betreiben. Dabei ist Seelsorge mehr als nur religiöse Betreuung. Dies sollte in Workshops weiter ausgearbeitet werden. Auch die Katechese (Kommunionvorbereitung, Ehevorbereitung, Erwachsenen-katechese, …) muss anders organisiert werden. Nach einigen kritischen Fragen endete die 56. Woche der Begegnung. Die Delegierten der Vollversammlung machten sich auf den Heimweg und parallel begann die Bundeskonferenz der GKS.
Katholikenrat beim Katholischen Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr
Am Weidendamm 2
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