Während der 64. Internationale Soldatenwallfahrt nach Lourdes 2024 wurde das Modul „Aus der Kaserne in den Verfügungsraum – Militärseelsorge in der LV/BV“ angeboten. Dies ist die Ergebniszusammenfassung dazu.
Vorbemerkung
Im Zusammenhang mit dem Jahresthema 2024 „Soldat in der LV/BV“ wurde durch den Fachbereich I des Katholikenrats während der Internationalen Soldatenwallfahrt ein Modul unter dem o.g. Titel angeboten und durch den Leiter des Fachbereichs, FKpt Müller, moderiert.
Ziel war es hierbei, einen Eindruck von den Vorstellungen bzw. Forderungen der Soldaten an die Militärseelsorge im Rahmen der Re-fokussierung der Bundeswehr auf die LV/BV zu bekommen, bzw. zu erfahren, wo sie die Militärseelsorge bereits gut aufgestellt sehen und wo ein Bedarf zur Weiterentwicklung gesehen wird.
Das Modul wurde im Format „Gesprächskreis“ durchgeführt.
Am Modul haben (exklusive Moderator) 8 Soldaten und 2 Militärseelsorger teilgenommen.
Ergebniszusammenfassung
Im Wesentlichen sind aus der Gesprächsrunde folgende Ergebnisse / „Kundenforderungen/ – vorschläge“ festzuhalten:
- In einem LV/BV-Szenario wird ein sehr großer Bedarf für seelsorgerische Betreuung an der Front, im Hinterland (z.B. Verfügungsräume, Sanitätseinrichtungen etc.) und in der Heimat („Team Hotel“, Familienbetreuung, Krankenhäuser, Gefallenenwesen etc.) gesehen
- Zur Abdeckung des o.g. seelsorgerischen Bedarfs in einem LV/BV-Szenario werden die vorhandenen personellen Kapazitäten der Militärseelsorge als unzureichend angesehen
- Das derzeitige Regionalprinzip der seelsorgerischen Betreuung wird als nicht kriegstauglich bewertet, da einem Militärpfarramt Truppenteile unterschiedlicher Standorte, Truppengattungen und TSK zugeordnet sind, die im LV/BV-Fall alle an unterschiedlichen Orten und mit unterschiedlichen Aufträgen eingesetzt werden können (und werden). Z.B. ist das KathMilPfrAmt OLDENBURG u.a. zuständig für den Stab 1.PzDiv, die LogBtl 161 und 163 sowie einige Einheiten der Lw. Welcher dieser Einheiten soll der Pfarrer nun in den Kampfeinsatz folgen? Seitens der teilnehmenden Soldaten wurde einhellig als einzige kriegstaugliche Lösung der Übergang zu Brigade- und Divisionspfarrern (Brigadepfarrer: frontnahe Betreuung, Divisionspfarrer: Betreuung im Hinterland) gesehen (natürlich mit analogen Regelungen in anderen TSK). Für die seelsorgerische Betreuung in der Heimat wurden der Rückgriff auf nicht in den Einsatz verlegte MilPfr und Absprachen mit Zivilgemeinden vorgeschlagen. Um diese Anforderungen mit den Anforderungen in der Grundaufstellung in Einklang bringen zu können, wurde für die Militärseelsorge die Schaffung einer F(riedens)- und V(erteidigungsfall)-Struktur vorgeschlagen
- Besonders wurden die Soldaten von der Frage bewegt, wer den Angehörigen die Todesnachrichten überbringt, wenn sowohl der Disziplinarvorgesetzte als auch der Militärpfarrer an der Front sind (besonders, wenn in einem Kriegsszenario von Hunderten Gefallen am Tag auszugehen ist). Hier wurde eine Stärkung der Rolle der territorialen Kräfte (z.B. Landeskommandos) Z.m. mit zivilen Geistlichen vorgeschlagen. Letztere müssten hierfür jedoch ggf. bereits im Frieden vorbereitet werden (Verantwortlichkeit wird bei Militärseelsorge i.Z.m. zivilen Diözesen gesehen)
- Die Soldaten brachten auch vor, dass immer mehr Soldatenfamilien entstehen, bei denen beide Ehepartner Soldaten sind. Im LV/BV-Fall stellt sich hier die Frage der Kinderbetreuung, wenn beide Elternteile an die Front verlegen müssen und schlimmstenfalls beide Elternteile fallen. Eine verlässliche Regelung wird hier als unabdingbare Voraussetzung gesehen, damit entsprechende Elternpaare ohne zusätzliche Belastung in den Einsatz verlegen können (zumal nicht mehr alle Familien über Großeltern etc. verfügen, die die Kinderbetreuung – schlimmstenfalls auch für immer – übernehmen können). Auch wenn diese Besonderheiten der Kinderbetreuung grundsätzlich durch BMVg zu regeln sind, wird hier eine starke Rolle der Militärseelsorge bei der seelsorgerischen Vorbereitung und Begleitung der Kinder gesehen und gewünscht
- Im Zusammenhang mit der seelsorgerischen Betreuung/Begleitung von Kindern wurde auch vorgeschlagen, das bisherige Portfolio der Bilderbücher für (Klein)Kinder um passende Formate für ältere Kinder und Jugendliche zu erweitern, da diese einem Einsatz – vor allem im Kriegsfall – eines oder beider Elternteile mit deutlich konkreteren Ängsten gegenüberstehen würden (sie haben eben bereits eine klarere Vorstellung davon, was eine Kriegseinsatz bedeutet)
- Für die dauerhafte Stationierung DEU Soldaten in LTU wird die Einrichtung vollwertiger Militärkirchengemeinden gewünscht, die den Soldatenfamilien das gesamte seelsorgerische Spektrum einer Zivilgemeinde anbieten und gleichzeitig für die mitgezogenen Familien – auch unabhängig von der Kirchenzugehörigkeit – ein Stück deutsche Heimat und Gemeinschaft darstellen können
- Einhellig wurde von den Soldaten gewünscht, den LKU zu stärken
- Einhellig wurde von den Soldaten gewünscht, den Anteil der Militärseelsorge in der Führerausbildung auf allen Ebenen zu stärken.
Müller
FKpt u. Modulleiter